Library / Literary Works

    Eduard Mörike

    Der Feuerreiter

    Sehet ihr am Fensterlein
    Dort die rothe Mütze wieder?
    Nicht geheuer muß es sein,
    Denn er geht schon auf und nieder.
    Und auf einmal welch Gewühle
    Bei der Brücke, nach dem Feld’!
    Horch! das Feuerglöcklein gellt:
    Hinter’m Berg,
    Hinter’m Berg
    Brennt es in der Mühle!

    Schaut! da sprengt er wüthend schier
    Durch das Thor, der Feuerreiter,
    Auf dem rippendürren Thier,
    Als auf einer Feuerleiter!
    Querfeldein! Durch Qualm und Schwüle
    Rennt er schon und ist am Ort!
    Drüben schallt es fort und fort:
    Hinter’m Berg,
    Hinter’m Berg
    Brennt es in der Mühle!

    Der so oft den rothen Hahn
    Meilenweit von fern gerochen,
    Mit des heil’gen Kreuzes Spahn
    Freventlich die Gluth besprochen –
    Weh! dir grinst vom Dachgestühle
    Dort der Feind im Höllenschein.
    Gnade Gott der Seele dein!
    Hinter’m Berg,
    Hinter’m Berg
    Rast er in der Mühle!

    Keine Stunde hielt es an,
    Bis die Mühle borst in Trümmer:
    Doch den kecken Reitersmann
    Sah man von der Stunde nimmer.
    Volk und Wagen im Gewühle
    Kehren heim von all’ dem Graus;
    Auch das Glöcklein klinget aus:
    Hinter’m Berg,
    Hinter’m Berg
    Brennt’s! –

    Nach der Zeit ein Müller fand
    Ein Gerippe sammt der Mützen
    Aufrecht an der Kellerwand
    Auf der beinern’ Mähre sitzen:
    Feuerreiter, wie so kühle
    Reitest du in deinem Grab!
    Husch! da fällt’s in Asche ab.
    Ruhe wohl,
    Ruhe wohl
    Drunten in der Mühle!




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